Keiner der Anwesenden an diesem Abend des 9. Oktober 1987 im Vorfeld des berühmten Oberjoch-Bergrennens ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass sich wahrlich Historisches ereignete im rauchigen Hinterzimmer des Hotels Löwen in Oberjoch. Rund 30 Interessierte waren der Einladung gefolgt von Bruno Höfler, Herbert Morent und Martin Kleiner. Später am Abend sollte sich noch Andreas Schettler als Pressebeauftragter und Protokollführer des Abends zum Organisations-Team einer revolutionären Idee dazugesellen. Fahrer der Gr. H bis 1300 ccm, Veranstalter, Funktionäre, Presse und Streckensprecher wurden Zeuge, wie eine Idee Gestalt annahm und von da an bis zum heutigen Tag eine Erfolgsgeschichte im Bergrennsport und der europäischen Motorsportlandschaft schreiben sollte....
Was war geschehen?
Anfang der 80er Jahre führte die ONS, die damalige oberste Motorsportbehörde in Deutschland eine grundlegende Reform der Fahrzeuggruppen im Automobilsport ein. Allen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erwünschten Fahrzeugen aus den Gruppen 2 oder 5 wurde nicht der endgültige „Todesstoß“ versetzt, sondern für diese Unverbesserlichen wurde ein Auffangbecken namens Gruppe H geschaffen mit einem aufgrund der recht unterschiedlichen
alten Fahrzeugkonzepte sehr freizügigen Reglement. Nach einer Phase von eher größerer Orientierungslosigkeit und Unklarheiten bezüglich der Möglichkeiten einer Gruppe H wurden die ersten Aktiven noch müde als „Bastler“ und „Oldies“ oder „Historische“ verunglimpft in ihren sogenannten „Hobby Cars“. Es dauerte jedoch nicht lange und die reichlich vorhandenen Autos vom Schlage der NSU TT, Simca Rallye 2+3, Audi 50, Alfasud, Fiat 128, 127 und Ritmo oder der BMW 2002, Ford Escort, Opel Kadett und vieler anderer mehr fanden den Weg zurück an die Rennstrecken. Ob am Berg oder auf der Rundstrecke füllten sich die Starterfelder der Gruppe H. Erste Topstars der 1300er-Szene am Berg beinhalteten legendäre Namen wie Siegfried Panther mit seinem Simca, Martin Kleiner, Helmut Gehring, Helmut Kirchmayer, beide auf Audi 50/VW Polo im Südwesten oder Willi Rücker, Theo Leutner und Bernd Drenkow mit ihren Audi 50 im Westen, genauso wie Georg Alber auf Skoda oder Beppe Laviani im Alfasud in Bayern, um nur einige zu nennen.
Spätestens als Werner Kuster in seinem Sorg VW Polo 1984 den Gesamtsieg beim Schloßbergrennen in Gernsbach selbst gegen hubraumstarke Konkurrenz wie Helmut Maier im VW Golf oder sogar Gaststarter Herbert Stenger im Gr. 5-Zakspeed Capri gewann, war der Bann gebrochen. Fortan war die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten und speziell die kleinen Hubraumklassen füllten sich bis zum „Bersten“ mit hungrigen und motivierten Fahrern. Die beinharten Duelle der Piloten fanden zunehmend immer mehr Aufmerksamkeit und Fans.
Namhafte Piloten wie Rüdiger Faustmann verdienten sich zu dieser Zeit ihre ersten Sporen in der Gruppe H bis 1300 ccm. Demzufolge wurde auch der Ruf immer lauter, diese Autos zu den offiziellen Meisterschaften zuzulassen. Bei den Offiziellen der ONS stieß man damit jedoch auf taube Ohren, denn es wurde bereitseher argwöhnisch beobachtet, was aus dem ungeliebten Kind Gruppe H geworden war.
„Was tun?“, war die große Frage in Fahrerkreisen. In geselliger Runde werden so manche Ideen geboren und wenn Leute mit Tatkraft dabei sind, wird aus so mancher „Schnapsidee“ eine tolle Sache. Erste vorsichtige Umfragen bei den Fahrern in der Saison 1987 stießen jedenfalls auf begeisterte Resonanz und am Ende ... landen wir wieder bei der eingangs erwähnten Runde im Löwen in Oberjoch.
Der „Gr.H Berg-Cup bis 1300 ccm“ war geboren. Fahrzeuge bis 1150 ccm wurden in der ersten Saison gemeinsam gewertet. Per Basisdemokratie durften die Fahrer über den Kalender abstimmen. 12 Bergrennen in Deutschland, deren Namen auch heute noch jedem Fan die Tränen in die Augen treiben, bildeten den Kalender. 42 feste Einschreibungen für die erste Saison 1988 sorgten für Festtagslaune, denn die Besten der Besten trafen jetzt nicht mehr regional verteilt und sporadisch aufeinander, sondern im direkten Wettbewerb. Fast per „Urknall“ wurde aus der sogenannten „Bastlergruppe“ eine Meisterschaft mit professionellem Umfeld und technisch sehr anspruchsvollen Autos. Der Auftritt der Serie setzte ebenso neue Maßstäbe und bereits im zweiten Jahr konnte mit ALPINE Car Audio Systems der erste große Namensgeber an Land gezogen werden. Weitere Sponsoren wie Höfler-Fenster, Avon, Ronal sowie Spenden und Einschreibegebühren sorgten am Ende dafür, dass in den ersten beiden Jahren damals sensationelle 20 bzw. 30.000 DM an die Aktiven ausgeschüttet werden konnten. Das Motto, das im Übrigen bis heute Gesetz im Berg-Cup ist, lautete „von Fahrern für Fahrer“. Deshalb kamen viele Aktive in den Genuss ihres ersten Preisgeldes überhaupt, denn das Verteilungssystem erlaubte nahezu jedem Teilnehmer einen Griff in den Preisgeldtopf.
Die sprichwörtliche Berg-Cup-Familie feierte darüber hinaus bis 1990 legendäre Siegerehrungen am Gründungsort Oberjoch, die von Herbert Morent hervorragend über jeweils drei Tage organisiert wurden. 1989 konnte der Busunternehmer selbst seinen zweiten Gesamtsiegerpokal in Folge aus den Händen des damals amtierenden Skiabfahrtsweltmeisters Hans-Jörg Tauscher in Empfang nehmen. Damit beendete Herbert Morent seine Bergkarriere und wechselte auf die Rundstrecke und sorgte fortan im Langstreckenpokal auf dem Nürburgring für Furore. Zuvor hatte er jedoch beim letzten Oberjoch-Bergrennen, seinem Heim-“Grand Prix“, mit seinem Sorg VW Polo einen sensationellen 2.Platz im Tourenwagen-Gesamtklassement herausgefahren bei rund 300 Startern, Kaiserwetter und allein 40 angetretenen Konkurrenten in der 1300er-Klasse. Spätestens jetzt wurde beim „Bügeln“ der versammelten EBM-Konkurrenz der Berg-Cup in ganz Europa bekannt.
Nach zwei Jahren erfolgte jedoch leider auch der erste große Schnitt, denn nicht nur Herbert Morent verließ die Bergrennszene, auch Bruno Höfler beendete seine Karriere, und das zarte Pflänzchen drohte bereits wieder zu sterben. Mittlerweile war sehr viel ehrenamtliche Arbeit vonnöten um die Organisation der Serie abzuwickeln. Nach kurzer Bedenkzeit nahmen Andreas Schettler und Martin Kleiner das Heft allein in die Hand und sorgten in den nächsten Jahren für viele Neuerungen in der deutschen Bergrennsportlandschaft. Bereits 1989 hatte der Berg-Cup eine Stippvisite im benachbarten Ausland gegeben. Mit dem Bergrennen in Eschdorf im Großherzogtum Luxemburg und seinem rührigen Orgaleiter Nico Scheier entstand eine Zusammenarbeit, die bis zum heutigen Tage schon in zweiter Generation besteht.
In Deutschland taten sich politisch zu dieser Zeit gewaltige Dinge, und große Veränderungen prägten das Bild. Die Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland färbte auch auf den Berg-Cup ab. Schneller als alle Politiker und jede Sportbehörde vollzog der Berg-Cup die Wiedervereinigung, denn noch in den letzten Tagen der DDR, im Juni 1990, präsentierte sich der Berg-Cup in Thüringen beim dortigen Heuberg-Bergrennen und gab eine tolle Visitenkarte ab. Dass beide Seiten noch gewisse Anpassungsschwierigkeiten hatten, sei an dieser Stelle nicht unerwähnt. Der medizinische Check jedes Fahrers vor dem Start des Trainings stellte einige „Wessis“ vor ungeahnte Probleme, die möglicherweise auf die wie immer familiäre Stimmung am Vorabend zurückzuführen war.
Die damaligen Rahmenbedingungen waren für den Bergrennsport im allgemeinen eher trübe, denn aus einstmals über 70 Bergrennen in Deutschland während der 70er Jahre standen 1992 und 1993 gerade mal noch 9 bzw. 10 Bergrennen im Kalender. Verstärkte Umweltauflagen, Einführung des Katalysators, Lärmbeschränkungen etc. sorgten für eine gewisse Endzeitstimmung. Alles schien den berühmten „Bach runterzugehen“, alles ?? ... nein, eine privat organisierte Meisterschaft brachte beträchtliche Starterzahlen auf die Beine und stellte regelmäßig weit mehr als 50% des Starterfeldes. Der ALPINE Car Audio Systems Gr.H Berg-Cup gedieh prächtig, denn ab 1992 waren alle Klassen der Gr.H zum Berg-Cup zugelassen. Ein Jahr später wurde trotz etlicher Widrigkeiten ein permanenter Technischer Kommissar eingeführt, Dipl.Ing. (FH) Harald Herr aus Bruchsal. Er wurde über Jahre hinweg ein fester Bestandteil der Serie und später auch der Organisation. Zeitgleich wurden erstmals feste Startnummern für die eingeschriebenen Berg-Cup-Teilnehmer vergeben. Am Berg bis dahin eine nahezu sensationelle Sache. Die Macher des Cups vollzogen in dieser schwierigen Situation konsequent den Schritt ins europäische Ausland um eine breitere Basis zu schaffen für die Autos, Fahrer und Rennserie. Legendäre Auftritte in Frankreich bei den Bergrennen in Fouchy, Turckheim oder Vuillafans-Echevannes sorgten für eine riesige Fangemeinde. Weitere Auftritte in der Schweiz und Österreich sollten für zusätzliche internationale Beteiligung sorgen. Begeisterte Veranstalter aus dem gesamten Ausland wollten einen Berg-Cup-Lauf haben. Mittlerweile war jedoch mehr die große Sportpolitik am Werk, denn dass eine nationale deutsche Fahrzeuggruppe international für Furore sorgte, war so nicht geplant und manche politische Hürde im In- und Ausland musste genommen werden. Inzwischen übernahm die Serie unaufhaltsam auch sportlich eine Vorreiterrolle, denn Namen wie Georg Plasa, Norbert Brenner, Norbert Handa, Peter Hoßfeld, Dieter Knüttel oder neue Sterne wie „Raketen-Bruno“ Ianniello und Reto Meisel aus der Schweiz sorgten auch in der „Bolidenklasse“ für Sport vom Allerfeinsten. Mittlerweile sind die Teilnehmer aus dem umliegenden Ausland, speziell aus Österreich, nicht mehr wegzudenken aus dem Cup-Geschehen und bereichern die gesamte Bergrennszene.
1997 zum 10jährigen Bestehen erfolgte der nächste große Schnitt und bahnbrechende Veränderungen in der Organsiationsstruktur.In einer wieder einmal historischen Fahrerbesprechung beim Bergrennen Unterfranken in Eichenbühl wurde beschlossen einen Verein zu gründen, der die weiteren Geschicke des Berg-Cups in die Hand nehmen sollte.
Der Aufwand war für die beiden Organisatoren Andreas Schettler und Martin Kleiner schlicht zu groß geworden, und strategisch mußte ein weiteres Wachstum der Serie auf ein solideres Fundament gestellt werden. Martin Kleiner wollte zudem nach 10 Jahren seinen Abschied geben und so wurde das erste Präsidium des Berg-Cup e.V. um Präsident Harald Herr mit Klaus Bernert, Georg Plasa, Peter Reichhuber und Andreas Schettler mehr oder weniger „zwangsrekrutiert“. Eigentlich bestand ja mittlerweile überhaupt kein Grund mehr für die Fortführung des Berg-Cups, denn auch ganz oben beim DMSB konnte man die Entwicklung nicht mehr verleugnen und hatte inzwischen die Gruppe H zu den offiziellen deutschen Bergmeisterschaften und –pokalen zugelassen.
Der Rest der Geschichte ist bekannt und kurz erzählt. Jahr für Jahr registrierte man neue Starter- und Einschreiberekorde bis zum Rekord von 132 Fahrerinnen und Fahrern im Jahr 2004. Mittlerweile füllt die alljährliche Jahresehrung ganze Bürgerzentren mit rund 300 Gästen und der Preisgeldtopf, den die Partner auf der Sponsorenseite durch ihr Engagement ermöglichen, ist mit mehr als 60.000 EUR sicher auch einzigartig. 2007 feiert auch das Berg-Cup Magazin sein 10jähriges Jubiläum als Serien-Begleitheft und Werbeplattform für die gesamte Bergrennsportgemeinde.
Seit vielen Jahren bereichert inzwischen KW automotive als Seriensponsor den KW Berg-Cup, wie er neuerdings kurz und prägnant heißt. Mittlerweile tummeln sich nämlich auch die Fahrer der Gruppe FS unter dem Dach des Berg-Cups. Es scheint fast so, als hätten sich mit KW und dem Berg-Cup zwei Gleichgesinnte gesucht und gefunden. Innovativ und immer den Blick nach vorn zur Verbesserung des Produkts KW Berg-Cup und der immer beliebteren KW 8-V-Trophy bilden zusammen mit der Kontinuität aus 20 Jahren die Basis für eine einzigartige Breitensport-Rennserie. Nichts kann dies besser unterstreichen als ein treuer Serienpartner und ein Global Player wie BBS, der trotz Michael-Schumacher-Boom und Ferrari-Sponsoring dem Berg-Cup immer die Treue gehalten hat.